Elisabeth Oertel
Landesstipendium Bildende Kunst 2025 mit der SV SparkassenVersicherung für Elisabeth Oertel
Im Rahmen ihres Stipendiums erstellt Elisabeth Oertel ein Archiv aus Sorgen und Ängsten der Bewohner der Region, in der sie lebt. Das Ziel der multiperspektivischen Interviews soll einerseits eine Bestandsaufnahme der aktuell empfundenen Probleme sein, andererseits möchte sie herausfinden, was die Zufriedenheit des Einzelnen ausmacht. Ziel ist es, eine künstlerische Übersetzung der Recherche zu entwickeln, die sowohl im Ausstellungskontext als auch vor Ort im öffentlichen Raum funktionieren kann.
Jurybegründung
Kunst ist mehr als Ästhetik. Kunst ist Begegnung, Kommunikation, eine Brücke zwischen Menschen und ihren Geschichten. Wenige Künstlerinnen verkörpern diese Idee so eindrucksvoll wie Elisabeth Oertel. Ihr Weg ist geprägt von Neugier, Mut und der ständigen Suche nach tiefgreifender Auseinandersetzung mit der Welt – sei es durch Bildhauerei, Film oder performative Interventionen.
1985 in Greiz, Thüringen geboren, führt sie ihr künstlerischer Werdegang durch internationale Projekte, Ausstellungen und filmische Experimente. Ihre Arbeiten sind keine stummen Objekte, sondern Dialoge mit der Gesellschaft. Ob als Mitbegründerin der Künstlergruppe leavinghomefunktion, die mit alten Ural-Motorrädern und 972 Pannen den Landweg nach New York beschritt, oder als Filmemacherin, die mit ihrer Produktion 972 Breakdowns das Publikum tief berührte – ihre Kunst lebt von der echten Begegnung mit Menschen, von Geschichten, die uns alle verbinden.
Nun richtet sich ihr Blick auf ihr direktes Umfeld: Thüringen. Mit ihrem neuen Projekt Archiv der Probleme möchte Elisabeth Oertel die Sorgen, Ängste und Hoffnungen der Menschen in ihrer Region sichtbar machen. Die Zeiten sind unruhig, und viele fühlen sich nicht gehört. Sie will zuhören, dokumentieren und herausfinden, was Zufriedenheit eigentlich ausmacht. Ihr Ansatz ist dabei nicht nur künstlerisch, sondern auch sozial von großer Bedeutung. Sie sucht nach Gesprächspartnern aus allen Lebensbereichen – von der Rentnerin, die sich einsam fühlt, bis hin zum Jugendlichen, der einen Treffpunkt vermisst. Dabei geht es nicht nur um Probleme, sondern auch um die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen.
Die Form, in der diese Gespräche schließlich künstlerisch verarbeitet werden, bleibt bewusst offen – es könnten Skulpturen, Fotografien oder eine Sammlung aus O-Tönen sein. Doch eines steht jetzt schon fest: Dieses Projekt wird einen wertvollen Beitrag dazu leisten, ein Gefühl der Gemeinschaft und des Verstehens zu schaffen.
Elisabeth Oertel hat sich immer wieder als Künstlerin bewiesen, die Grenzen überwindet – sei es auf einer 40.000 Kilometer langen Reise oder in der intensiven Auseinandersetzung mit der eigenen Heimat. Ihr neues Projekt zeigt erneut, dass wahre Kunst dort beginnt, wo Menschen zusammenkommen und sich in ihren Geschichten begegnen.
Herzlichen Glückwunsch zu dieser großartigen Idee und dem verdienten Landesstipendium! Wir freuen uns auf die Umsetzung und darauf, zu erleben, welche Form dieses Archiv der Probleme annehmen wird. Es wird mit Sicherheit weit über Thüringen hinauswirken – weil echte Begegnung keine Grenzen kennt.
Dr. Adina Christine Rösch
Mitglied der Fachjury und des Kuratoriums
der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen

Elisabeth Oertel: Handle with care, handle don´t care, Filmstill

Elisabeth Oertel: Auf dem Landweg nach New York, Ausstellungsansicht Schloss Augustusburg

Elisabeth Oertel: Auf dem Landweg nach New York, Ausstellungsansicht Schloss Augustusburg

Elisabeth Oertel: Auf dem Landweg nach New York, Ausstellungsansicht Schloss Augustusburg
Alle Abbildungen © XXXX