Kristin Wenzel
Landesstipendium für Bildende Kunst 2020 für Kristin Wenzel
Architektonische Transformationsprozesse im öffentlichen Raum
@ Vlad Brăteanu
1983
geboren in Gotha
2003 - 2006
Ausbildung zur Holzbildhauerin an der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauerei in Oberammergau
2006 - 2010
Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Münster
2010 - 2013
Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf
2013
Akademiebrief und Meisterschülerin von Katharina Fritsch
2018
Mitbegründerin des Ausstellungsprojektes Template in Bukarest
Jurybegründung
Kristin Wenzels Werk fokussiert sich auf architektonische Transformationsprozesse im öffentlichen Raum. Die Künstlerin, geboren 1983 in Gotha, absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Holzbildhauerin an der Staatlichen Berufsfachschule Oberammergau. Von 2006 bis 2010 studierte sie an der Kunstakademie Münster, anschließend an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sie 2013 ihr Studium als Meisterschülerin von Katharina Fritsch abschloss. 2018 gründete sie zusammen mit drei anderen Künstlerinnen und Künstlern „Template“ als Künstlerinitiative and Ausstellungsprojekt in Bukarest.
Die Folgen der politischen Wende 1989/90 waren für Kristin Wenzel Ausgangspunkt ihres künstlerischen Interesses an der Übersetzung von gesellschaftlichen Umbrüchen und Veränderungen in architektonische Situationen. Architektur fungiert für sie als „Erinnerungsspeicher“, und ihre skulpturalen Interventionen dienen dazu, die Orten eingeschriebenen Geschichten freizulegen – als Anregung, sich mit Fragen nach der (eigenen) Geschichte, nach Zugehörigkeit auseinanderzusetzen.
Es sind vergessene oder im Verschwinden begriffene Orte, die Kristin Wenzel auf ihren Streifzügen durch den städtischen Raum entdeckt: Vitrinen, Kioske, Litfaßsäulen, Schaukästen, Straßenlaternen oder Springbrunnen; „architektonisch-technische Marginalien des urbanen Lebens“ hat sie der italienische Architekturhistoriker Vittorio Magnago Lampugnani genannt.
Kristin Wenzel interpretiert diese Situationen, indem sie Maßstäbe verändert, einzelne architektonische Elemente isoliert oder in einen anderen räumlichen Kontext überführt. Darüber wird das im Alltag Übersehene plötzlich wieder sichtbar. Gefunden im öffentlichen Raum, werden die Sujets häufig in Form ortspezifischer Installationen temporär in diesen zurückgetragen: als verkleinertes Modell, etwa eines Pavillons oder Kiosks, in ebendiesem selbst präsentiert oder aber in Schaufenstern oder Schaukästen als barrierefrei zu jeder Zeit einsehbare Installationen.
Kristin Wenzels Idee, mithilfe des Landesstipendiums ungenutzte Orte durch künstlerische Aktionen im Stadtraum verschiedener Thüringer Städte und Gemeinden zu beleben, überzeugte die Jury. Ihr Ansatz, den städtischen Raum sensibel auszuloten, um mit leisen, in ihrer Formensprache leicht, ja fragil anmutenden Installationen dennoch überaus wirkungsvoll öffentliche Orte neu und anders zu besetzen, erscheint für die Region vielversprechend. Das Werk der Künstlerin steht für die Option kultureller Teilhabe auch jenseits der Metropolen. Die Stadt wird in ihren Werken zum ästhetisch-sozialen Erfahrungsraum, der Entwicklungen wie Wegzug, nachlassende Kaufkraft oder den demografischen Wandel reflektieren und zugleich die Möglichkeit des Austauschs, der Begegnung und des Gesprächs entstehen lässt.
Dr. Agnes Matthias
Mitglied des Kuratoriums der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen